Wien und Triest in architektonischer Verbindung

Der für das Verständnis der Wiener Architekturgeschichte wichtige Zeitabschnitt, der von Architekten geprägt wurde, die ihre Ausbildung in Italien erfuhren und dann in Wien wirkten, ging mit Pietro Nobile (1776–1854) zu Ende. Der im Schweizer Kanton Tessin geborene und in Triest aufgewachsene Architekt besuchte die Wiener Akademie zu jener Zeit, in der Hetzendorf von Hohenberg ihre Leitung innehatte. Nobile hatte vorerst im Jahre 1798 und darauffolgend in den Jahren zwischen 1801 und 1806 seine Kenntnisse in Rom an der Accademia di San Luca vertieft, wo er in engen Kontakt mit Antonio Canova trat. In Rom und während seiner Aufenthalte in anderen italienischen Kulturstädten konzentrierte sich Nobile nicht nur auf das Studium der klassizistischen Architektur, sondern interessierte sich auch für die Architektur– und Theorie–Werke der Renaissance–Architekten wie etwa Vignola, Michelangelo und Palladio. Dies entsprach einer Tradition der Accademia di San Luca, die bereits von Carlo Fontana (1638–1714) eingeleitet wurde. Auf diese Weise stand der Ausbildungsweg von Nobile in einer spezifischen Kontinuität mit den großen Architekten des Wiener Barocks: Domenico Martinelli, Johann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Lucas von Hildebrandt waren alle Schüler von Carlo Fontana gewesen. Die Ausbildung und das Interesse von Nobile an der Renaissance fanden ihren Niederschlag in den Jahren seiner Lehrtätigkeit und der didaktischen Leitung der Wiener Akademie (1818–1849). Johann Romano, August Schwendenwein, Heinrich Ferstel, fanden in Nobile ihren Lehrer. Sein Einfluss auf die Nachwuchsgenerationen der Wiener Architekten fand konkreten Ausdruck in der Blüte des als "Wiener Neo–Renaissance" bekannten Stils.

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